Großband – Heft 1

 2.95

Inkl. 7% MwSt

Die Steuer wird auf Ihrer beigelegten Rechnung ausgewiesen.

K. Graf

Unternehmen Brückenschlag

Die Korpsgruppe Seydlitz bricht im Frühjahr 1942 den Kessel von Demjansk auf

 

 

Kategorie:

Beschreibung

In der letzten Septemberwoche des Jahres 1941 war die zwischen dem Ilmensee im Norden und dem Seligersee im Süden liegende russische Stadt Demjansk von deutschen Truppen eingenommen worden. Anfang Januar 1942 begann im Nordabschnitt der Ostfront die sowjetische Winteroffensive. Mit für den Winterkrieg bestens aus­gebildeten und hervorragend ausgerüsteten, frischen Verbänden trat die Rote Armee gegen die von den schweren Kämpfen der vergangenen Monate stark mitgenommenen Verbände der deutschen 16. Armee unter Generaloberst Busch* beiderseits des Ilmensees zum Angriff an.

Der Plan der sowjetischen Führung sah vor, südlich des Ilmensees durchzubrechen, um anschließend auf Staraja Russa vorzugehen. Nach Abschluß dieser Angriffsoperation sollte weiter nach Norden vorgestoßen werden, um sich dann mit den am Wolchow angreifenden Verbänden vereinigen zu können.

Andere Verbände der Roten Armee stießen links des Lowat-Flusses vor und vereinigten sich dann mit den in Richtung Cholm vordringenden russischen Einheiten. Die sowjetische Führung hatte sich bei diesen Angriffsoperationen zum Ziel gesetzt, die im Waldai­gebiet und südostwärts des Ilmensees stehenden Wehrmachtverbän­de zu vernichten. Das wei­tere Ziel der russischen Angriffsoperationen war, die deutsche Nordfront aufzurollen und so dem seit mehreren Wochen eingeschlossenen, schwer ringenden Leningrad Entlastung und letztendlich Entsatz zu bringen.

Am 18. Januar 1942 brach die sowjetische Offensive gegen die deutsche Front südlich des Ilmensees los. Beteiligt waren 19 Schützendivisionen, neun Schützenbrigaden sowie mehrere Panzer- und Skibataillone. Schon seit dem frühen Morgen des ersten Angriffstages wurden der Flugplatz von Staraja Russa und alle wichtigen Versorgungsstraßen des deutschen X. Armeekorps von der sowjetischen Luftwaffe in rollenden Einsätzen angegriffen. Während die rote Luftwaffe den Himmel über dem Kampfraum beherrschte, setzten Teile der sowjetischen Angriffsverbände mit Segelschlitten über den bereits zugefrorenen Ilmensee und stießen in den Rücken der 290. Infanteriedivision. Unmittelbar hinter den ersten Verbänden folgten Panzerrudel der Typen KW I. Die schweren, mit Panzerunterstützung geführten Angriffe der Sowjets zwangen die angeschlagenen Verbände der 290. ID zum Rückzug nach Westen.

Am 19. Januar drangen die Russen von zwei Seiten gegen Staraja Russa vor und bedrohten so das dort befindliche Hauptversorgungslager aller deutschen Verbände zwischen Ilmensee und Seligersee. Es galt also, unter allen Umständen diesen wichtigen Knotenpunkt zu halten. In aller Eile wurden aus allen Truppenteilen zusammengewürfelte Einheiten aufgestellt und in den Kampf geworfen. So konnte Staraja Russa unter Aufbietung der letzten Kräfte gehalten werden. Die Stadt wurde zu einem Wellenbrecher, der in der Front der vorwärtsdrängenden sowjetischen 11. Armee stand. Ähnlich verhielt es sich bei der weiter südlich inzwischen vollkommen ein­geschlossenen Stadt Cholm. Zwischen diesen beiden Punkten lagen jetzt die weit nach Osten vorgeschobenen Einheiten des deutschen II. Armeekorps. Ein logischer Ansatz wäre gewesen, die derart exponierten Verbände zurückzuführen, um sie zum einen vor der drohenden Einkesselung zu bewahren und zum anderen mit den dabei freiwerdenden Verbänden die Front zu stabilisieren und zu gegebenem Zeitpunkt zu einer Gegenoffensive überzugehen. Der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord, Ge­neralfeldmarschall ­Ritter von Leeb*, schlug also Hitler vor, die Front des II. Armeekorps bis an den Lowat zurückzunehmen, da der Raum um Demjansk für die Heeresgruppe von keinerlei taktischer Bedeutung war. Hitler lehnte ab. Er befürchtete, daß eine im Zurückgehen befind­liche Front sich nicht mehr stabilisieren ließe. Daraufhin reichte Ritter von Leeb seinen Abschied ein. Sein Nachfolger als Ober­befehlshaber der HGr. Nord wurde Generaloberst Georg von Küchler*.

Ein Zurücknehmen der Front wäre aber zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich sowieso nicht mehr möglich gewesen. Bei den inzwischen herrschenden Temperaturen von minus 45 Grad und darunter, den sich überall auftürmenden Schneewehen und den teilweise eisigen Winterstürmen hätte eine Zurücknahme der Front wohl unerhörte Strapazen für Mensch und Tier bedeutet. Zudem waren die motorisierten Verbände der Divisionen durch die herrschenden arktischen Temperaturen bereits zum großen Teil unbeweglich geworden. Auch die längst unter Futtermangel leidenden Zugtiere wären einer solchen Strapaze sicher nicht mehr gewachsen ge­wesen. Der erste aus dem Führerhauptquartier eintreffende Befehl bei der HGr. Nord lautete daher: „Demjansk ist bis zum letzten zu verteidigen!“

Anfang Februar wurde das II. AK von seinen Versorgungswegen ab­geschnitten. Am 8. Februar schloß sich dann der Kessel um sechs deutsche Divisionen. Die seit dem Beginn des Rußlandfeldzuges ununterbrochen am Feind stehenden Einheiten mußten sich von jetzt an einer Übermacht von neunzehn bestens für den Winterkrieg ausgerüsteten Schützendivisionen erwehren. Die abgekämpften Divisionen hatten eine 300 Kilometer lange Frontlinie gegen die immer wieder mit Massen an Panzern anstürmenden Sowjets zu verteidigen. Dies alles ohne ge­nügend Nachschub und mit nur mangelhafter Winterausrüstung. Wochen an schweren Kämpfen standen vor den Soldaten, bevor wieder eine Landverbindung zum II. AK hergestellt werden konnte.

Die Planungen zum Unternehmen „Brückenschlag“ liefen bereits seit Februar 1942, kurz nachdem die Front bei Staraja Russa gefestigt worden war, auf Hochtouren. Der Kommandeur der 12. ID Generalleutnant von Seydlitz-Kurzbach** erhielt den Auftrag, eine neue Korpsgruppe zu bilden. Zusammengestellt war diese aus der 5. leichten Infanteriedivision, der 8. leichten ID und der 329. ID.

Außerdem wurden von der HGr. Nord die 18. ID (mot.) mit den ihr unterstellten Teilen der 3. SS-Division „Totenkopf“ sowie die 122. ID frei­gestellt. Zusätzlich zu diesen Verbänden kamen noch die Sturmgeschütz­abteilung 184 und die Sturmgeschützbatterie 659. Des weiteren wurde der Gruppe noch die I. Abteilung des Panzerregimentes 203 unterstellt. Die Korpsgruppe sollte sich im Rücken der südlich von Staraja Russa liegenden 122. ID und 18. ID entlang der Bahnlinie nach Tulepja versammeln. Ihr Kampfauftrag lautete: Wiederherstellen der Landverbindung mit dem um Demjansk eingeschlossenen II. Armeekorps.

Am 21. März 1942 – Frühlingsanfang und somit der 41. Tag der Einkes­selung des II. AK – donnerten südlich von Staraja Russa die deutschen Batterien los. Auf einer Frontbreite von zehn Kilometern schlugen die Granaten in den gut ausgebauten Stellungen der Russen ein und rissen erste Breschen in die dicht angelegte Umklammerung des Demjansker Kessels. Sturzkampfbomber vom Typ Ju 87 stürzten sich mit heulenden Sirenen raubvogelgleich auf ihre Opfer. Turmhohe Explosionssäulen wuchsen in den Himmel und vereinigten sich dort mit den empor­geschleuderten Erdfontänen der dicht an dicht einschlagenden Artillerie- und Werfergranaten. Bei Temperaturen von minus 25 Grad trat die Korpsgruppe von Seydlitz an, um ihren eingeschlossenen Kameraden Hilfe und zuallerersteinmal Hoffnung auf baldige Befreiung zu bringen.

In der Nacht zum 21. März traf bei den Einheiten der 5. le. Jäger-Division der Befehl für den Angriffsbeginn ein. 7.30 Uhr! Der Division ist zur Verstärkung das Infanterieregiment 51 (mot.) der 18. ID unterstellt worden.

Es ist ein klarer Wintermorgen mit Temperaturen um minus 25 Grad. Daheim in Deutschland sind die Menschen froh darüber, diesen so kalten Winter beinahe überwunden zu haben. Dort herrschen längst mildere Temperaturen, und keiner kann sich wohl eine Vorstellung davon machen, was ihre Söhne, Väter und Brüder an der russischen Front noch immer an tiefen Temperaturen zu ertragen haben…

 

Zusätzliche Informationen

Gewicht 50 g
Author: admin